Amantadin (A 47)

(s. auch Musterfachinformation des BfArM, 7. 4. 2005 – Amantadinhydrochlorid, Amantadinhemisulfat)

Gegenanzeige

a Schwere nicht kompensierte Herzinsuffizienz (Stadium NYHA IV)
b Kardiomyopathien u. Myokarditiden
c AV-Block Grad II u. III
d Vorbekannte Bradykardie <55 Schläge/min
e Bekanntes langes QT-Intervall (QTc nach Bazett >420 ms) od. erkennbare U-Wellen od. angeborenes QT-Syndrom in der Familienanamnese Hinweis: Vor Therapiebeginn sowie 1 u. 3 Wochen danach, bei Dosiserhöhung u. 2 Wochen später sowie mindestens einmal jährlich die frequenzkorrigierte QT-Zeit nach Bazett bestimmen. Pat. mit einem QTc-Anstieg von >60 ms od. mit QTc-Zeiten >480 ms sind von der Behandlung auszuschließen.
f Schwerwiegende ventrikuläre Arrhythmien einschl. Torsade de pointes in der Vorgeschichte
g Gleichz. Therapie mit Budipin od. anderen QT-verlängernden Arzneimitteln
h Verminderung von Kalium u. Magnesium im Blut
i Orale Darreichungsformen zusätzlich: Kinder <5 Jahren

Anwendungsbeschränkungen

a Kinder (keine ausreichenden Erfahrungen) Hinweis: Kinder ab 5 Jahren nur zur Prophylaxe u. Behandlung der Virusgrippe Typ A
b Prostatahyperplasie
c Engwinkelglaukom
d Niereninsuffizienz verschiedener Schweregrade (Intoxikation mögl.)
e Erregungs- u. Verwirrtheitszustände
f Delirante Syndrome sowie exogene Psychosen in der Anamnese
g Hirnorganisches Psychosyndrom u. zerebrale Anfallsleiden in der Anamnese (Verschlechterung einzelner Krankheitsbilder u. Krampfanfälle mögl.)
h Risikogruppen für Elektrolytstörungen, z. B. bei Diuretikamedikation, häufigem Erbrechen u./od. Diarrhö, Anwendung von Insulin in Notfallsituationen, Nierenerkrankungen od. anorektische Zustände (Laborkontrollen, ggf. entsprechend Elektrolytausgleich, insbes. Kalium u. Magnesium)
i Herzschrittmacher-Pat. (exakte QT-Zeit-Bestimmung nicht mögl.)
j Hinweis: Pat. mit bekannten Herz-Kreislauf-Erkrankungen müssen unter regelmäßiger ärztlicher Kontrolle stehen.
k Gleichz. Behandlung mit Memantin
l Gleichz. Behandlung mit Diuretika vom Typ der Kombination Triamteren/Hydrochlorothiazid

Schwangerschaft

Strenge Indikationsstellung. Ausreichende Erfahrungen über die Anwendung von Amantadin bei Schwangeren liegen nicht vor. Der Tierversuch erbrachte Hinweise auf embryotoxische u. teratogene Wirkungen.

Stillzeit

Strenge Indikationsstellung. Amantadin geht in die Muttermilch über. Der Säugling ist auf mögliche Arzneimittelwirkungen (Hautausschlag, Harnretention, Erbrechen) zu beobachten. Falls notwendig muss abgestillt werden.

Nebenwirkungen

Häufigkeitsangaben: sehr häufig: ≥10%, häufig: ≥1% bis <10%, gelegentlich: ≥0,1% bis <1%, selten: ≥0,01% bis <0,1%, sehr selten (inkl. Einzelfälle): <0,01%
Bei einer Infusionstherapie treten die unten genannten Nebenwirk. seltener auf.
Haut a Livedo reticularis, zuweilen verbunden mit Ödemen im Unterschenkel- u. Knöchelbereich (häufig)
Nervensystem und Psyche b Schlafstörungen, motorische u. psychische Unruhe (häufig)
c Schwindel (häufig)
d Myoklonien, Symptome einer peripheren Neuropathie (sehr selten)
e Epileptische Anfälle (meist in Zusammenhang mit höheren Dosen) (Einzelfälle)
f Paranoid gefärbte, mit optischen Halluzinationen einhergehende exogene Psychosen (bes. bei prädisponierten älteren Pat. u. bei Kombination mit anderen Antiparkinsonmitteln (Levodopa, Bromocriptin, Memantin)) (häufig)
g Orale Darreichungsformen mit Amantadin-HCl zusätzlich: Kopfschmerzen
h Virusgrippe-A-Prophylaxe zusätzlich: Schwindel, Nervosität, Gedächtnis-, Konzentrations- u. Schlafstörungen (häufig); Stimmungsveränderungen, Albträume u. Wahnwahrnehmungen leichteren Grades (gelegentlich); Selbstmordversuche (auch bei nur kurzfristiger Prophylaxe od. Therapie der Virusgrippe Typ A) (sehr selten)
i Gefahr eines lebensbedrohlichen malignen neuroleptischen Syndroms bei plötzlichem Absetzen von Amantadin bei gleichz. Behandlung mit Neuroleptika
Augen j Verschwommensehen (selten)
k Vorübergehender Visusverlust, gesteigerte Lichtempfindlichkeit (sehr selten)
Gastrointestinaltrakt l Übelkeit, Mundtrockenheit (häufig)
m Orale Darreichungsformen mit Amantadin-HCl zusätzlich: Übelkeit, Erbrechen, Diarrhö, Magenschmerzen, Anorexie
Herz, Kreislauf n Orthostatische Dysregulation (häufig)
o Kardiale Arrhythmien (ventrikuläre Tachykardie, Kammerflimmern, Torsade de pointes, QT-Verlängerung) (sehr selten) Hinweis: Bei Symptomen wie Palpitationen, Schwindel od. Synkopen Arzneimittel absetzen u. Pat. innerhalb von 24 Stunden auf evtl. QT-Verlängerung untersuchen.
p Herzrhythmusstörungen mit Tachykardie (sehr selten)
Blut q Leukopenie, Thrombozytopenie (sehr selten)
Urogenitaltrakt r Harnretention bei Prostatahyperplasie (häufig)

Wechselwirkungen

a Klasse-IA-Antiarrhythmika (z. B. Chinidin, Disopyramid, Procainamid) u. Klasse-III-Antiarrhythmika (z. B. Amiodaron, Sotalol) (a) Verlängerung des QT-Intervalls
b Antipsychotika (z. B. Thioridazin, Chlorpromazin, Haloperidol, Pimozid) (b) (wie a)
c Tri- u. tetrazyklische Antidepressiva (z. B. Amitriptylin) (c) (wie a)
d Antihistaminika (z. B. Astemizol, Terfenadin) (d) (wie a)
e Makrolidantibiotika (z. B. Erythromycin, Clarithromycin) (e) (wie a)
f Gyrasehemmer (z. B. Sparfloxacin) (f) (wie a)
g Azol-Antimykotika (g) (wie a)
h Budipin, Halofantrin, Cotrimoxazol, Pentamidin, Cisaprid, Bepridil (h) (wie a)
i Antiparkinsonmittel (i) Zur Vermeidung der Nebenwirk. von Amantadin (z. B. psychotische Reaktionen) evtl. Dosisreduktion der Antiparkinsonmittel bzw. der Kombination notwendig
j Anticholinergika (z. B. Trihexyphenidyl, Benzatropin, Scopolamin, Biperiden, Orphenadrin) (j) Verstärkung von Nebenwirk. der Anticholinergika (Verwirrtheitszustände u. Halluzinationen)
k Indirekt zentral wirkende Sympathomimetika (k) Verstärkung der zentralen Wirkung von Amantadin
l Alkohol (l) Verminderung der Alkohol-Toleranz
m Levodopa (m) Gegenseitige Wirkungsverstärkung (Kombination mögl.)
n Memantin (n) Verstärkung der Wirkung u. Nebenwirk. von Amantadin (s. Anwendungsbeschränkung k)
o Diuretika (Kombination Triamteren/Hydrochlorothiazid) (o) Reduktion der Amantadin-Plasmaclearance (toxische Plasmakonzentrationen mögl.)

Intoxikationen

Der akute Intoxikationszustand ist gekennzeichnet durch Übelkeit, Erbrechen, Übererregbarkeit, Tremor, Ataxie, Verschwommensehen, Lethargie, Depression, Dysarthrie u. zerebrale Krampfanfälle; in einem Fall wurde eine maligne kardiale Arrhythmie berichtet. Bei Kombination mit anderen Antiparkinsonmitteln wurden akute toxische Psychosen in Form von Verwirrtheitszuständen mit visuellen Halluzinationen bis hin zum Koma sowie Myoklonus beobachtet.
Therapie
Eine spezifische medikamentöse Therapie od. ein Antidot ist nicht bekannt. Bei oraler Intoxikation ist Erbrechen auszulösen od. Magenspülung vorzunehmen. Aufgrund der geringen Dialysierbarkeit (ca. 5%) ist eine Hämodialyse nicht sinnvoll. Bei vital bedrohlichen Intoxikationen sind Intensivüberwachungsmaßnahmen erforderlich. Therapeutisch kommen ferner Flüssigkeitszufuhr, Ansäuerung des Urins zur schnelleren Ausscheidung der Substanz, ggf. Sedierung, antikonvulsive Maßnahmen u. Antiarrhythmika (Lidocain i.v.) in Frage. Zur Behandlung neurotoxischer Symptome kann bei Erwachsenen die i.v. Gabe von 1–2 mg Physostigmin alle 2 Stunden, bei Kindern 0,5 mg 2-mal in Abständen von 5 bis 10 Min. bis zu einer Maximaldosis von 2 mg versucht werden. Es wird empfohlen, die Pat. hinsichtlich einer möglichen QT-Verlängerung u. Faktoren, die das Auftreten von Torsade de pointes begünstigen, z. B. Elektrolytstörungen (insbes. Hypokaliämie, Hypomagnesiämie) od. Bradykardie, besonders zu beobachten.