Östrogene zur hormonellen Substitutionstherapie (O 6)

(s. auch Musterfachinformation des BfArM, 24. 5. 2004 – Estradiol, Estradiolvalerat; 15. 11. 2004 – Estradiol)

Gegenanzeige

a Bestehender od. früherer Brustkrebs bzw. ein entsprechender Verdacht
b Estrogenabhängiger maligner Tumor bzw. ein entsprechender Verdacht (v. a. Endometriumkarzinom)
c Nicht abgeklärte Blutung im Genitalbereich
d Unbehandelte Endometriumhyperplasie
e Frühere idiopathische od. bestehende venöse thromboembolische Erkrankung (v. a. Lungenembolie, tiefe Venenthrombose)
f Bestehende od. erst kurze Zeit zurückliegende arterielle thromboembolische Erkrankung (v. a. Angina pectoris, Myokardinfarkt)
g Akute Lebererkrankung od. zurückliegende Lebererkrankungen, solange sich die relevanten Leberenzym-Werte nicht normalisiert haben
h Porphyrie
i Nicht abgeklärte persönliche od. starke familiäre Belastung in Bezug auf venöse thromboembolische Erkrankungen (VTE) od. wiederholte Spontanaborte (thrombophile Prädisposition abklären)
j Thrombophilie bei Frauen, die nicht mit Antikoagulanzien behandelt werden
k Hinweis: Bei nicht hysterektomierten Frauen soll die Hormonsubstitutionstherapie (HRT) nur unter gleichz. regelmäßiger Gabe von Gestagenen angewendet werden.
Gründe zum sofortigen Absetzen der Therapie:
l Ikterus od. Verschlechterung der Leberfunktion, signifikante Erhöhung des Blutdrucks, erstmaliges Auftreten migräneartiger Kopfschmerzen, Auftreten einer venösen thromboembolischen Erkrankung (VTE) (Patientinnen sollten über Anzeichen aufgeklärt werden)
m Orale Anwendung zusätzlich: Plötzliche Sehstörungen

Anwendungsbeschränkungen

Vor Beginn bzw. Wiederaufnahme einer HRT ist eine vollständige Eigen- u. Familienanamnese zu erheben. Während der Behandlung werden regelmäßige Kontrolluntersuchungen empfohlen, die sich in Häufigkeit u. Art nach der individuellen Risikosituation der Frau richten. Eine HRT sollte nur so lange fortgeführt werden, wie der Nutzen die Risiken überwiegt.
a Frauen >65 Jahre (begrenzte Erfahrungen)
b Kardiale od. renale Funktionsstörungen
c Antikoagulanzientherapie
d Hysterektomie aufgrund residualer Endometriose (Gestagenzusatz in Betracht ziehen)
Engmaschige Überwachung, wenn folgende Situationen bzw. Erkrankungen vorliegen, früher vorlagen, neu auftreten od. sich verschlechtern:
e Leiomyom (Uterusmyom) od. Endometriose
f Thromboembolien in der Anamnese od. entsprechende Risikofaktoren (entsprechende persönliche od. familiäre Belastung, BMI >30 kg/m2, SLE, längere Immobilisierung, schweres Trauma, größere OP) Hinweis: Zur Verhinderung einer VTE nach einer OP müssen die prophylaktischen Maßnahmen äußerst genau eingehalten werden. Wenn mit einer längeren Immobilisierung zu rechnen ist (v. a. nach einer OP im abdominellen od. orthopädischen Bereich an den unteren Extremitäten), sollte eine HRT 4–6 Wochen vor dem Eingriff unterbrochen u. erst nach vollständiger Mobilisierung wiederaufgenommen werden.
g Risikofaktoren für östrogenabhängige Tumoren, z. B. Auftreten von Mammakarzinom bei Verwandten 1. Grades
h Hypertonie
i Lebererkrankungen (z. B. Leberadenom)
j Diabetes mellitus mit od. ohne Beteiligung der Gefäße
k Cholelithiasis
l Migräne od. (schwere) Kopfschmerzen
m Systemischer Lupus erythematodes (SLE)
n Endometriumhyperplasie in der Vorgeschichte
o Epilepsie
p Asthma
q Otosklerose
r Terminale Niereninsuffizienz
s Vorbestehende Hypertriglyceridämie (selten starker Triglyceridanstieg mit Pankreatitis mögl.)
Orale Darreichungsformen zusätzlich:
t Fibrozystische Mastopathie
u Angeborene schwere Fettstoffwechselstörungen
v Adipositas permagna
w Sichelzellanämie

Schwangerschaft

Für die Anwendung in der Schwangerschaft besteht keine Indikation. Bei Eintritt einer Schwangerschaft sollte das Arzneimittel sofort abgesetzt werden.

Stillzeit

Für die Anwendung in der Stillzeit besteht keine Indikation.

Nebenwirkungen

Häufigkeitsangaben: sehr häufig: ≥10%, häufig: ≥1% bis <10%, gelegentlich: ≥0,1% bis <1%, selten: ≥0,01% bis <0,1%, sehr selten (inkl. Einzelfälle): <0,01%
Haut a Haarausfall
b Chloasma, Erythema multiforme, Erythema nodosum, vaskuläre Purpura
Nervensystem und Psyche c Kopfschmerzen, Migräne, Schwindel, Angstzustände
d Wahrscheinliche Demenz (bei Frauen, die im Alter >65 Jahre mit der HRT beginnen [WHI-Studie]; keine Erkenntnisse bei jüngeren postmenopausalen Frauen)
e Libidoveränderungen
Augen f Sehstörungen, Kontaktlinsenunverträglichkeit
Gastrointestinaltrakt g Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen, Dyspepsie, Blähungen, Diarrhö, Völlegefühl, Appetitsteigerung
(o) Pankreatitis (s. o starker Triglyceridanstieg)
Leber, Galle h Leberfunktionsstörungen
i Verschlechterung einer Porphyrie
Elektrolyte, Stoffwechsel, Endokrinium j Ödeme, Brustspannen u. -schmerz, Vergrößerung der Brüste, Brustdrüsensekretion, Gewichtszunahme
k Brustkrebs (unabhängig vom Alter) Hinweis: Ein erhöhtes Risiko zeigt sich nach einigen Anwendungsjahren. Es steigt mit zunehmender Behandlungsdauer an, kehrt jedoch spätestens 5 Jahre nach Beendigung der Therapie auf das altersentsprechende Grundrisiko zurück. Bei einer kombinierten HRT ist das Risiko höher als bei Monotherapie mit Estrogenen (MWS-Studie). Die WHI-Studie zeigte Brusttumoren, die etwas größer waren u. häufiger lokale Lymphknotenmetastasen bildeten als unter Placebo. Insbes. die Kombination aus Estrogenen u. Gestagenen erhöht die mammographische Dichte, wodurch die radiologische Brustkrebsdiagnostik erschwert werden kann.
l Estrogenabhängige gutartige Neubildungen sowie bösartige Tumoren wie v. a. Endometriumkarzinom Hinweis: Das Risiko für Endometriumhyperplasie u. -karzinom ist bei längerfristiger Estrogenmonotherapie erhöht.
m Ovarialkarzinom-Risiko möglicherweise erhöht
n Veränderung der Glucosetoleranz
o Starker Triglyceridanstieg mit Pankreatitis mögl. (selten)
Herz, Kreislauf p Hypertonie, Palpitationen
q Schlaganfall, Myokardinfarkt
Gefäße r Venöse Thromboembolie, v. a. Thrombosen der tiefen Bein- bzw. Beckenvenen sowie Lungenembolien (VTE) Hinweis: Im ersten Jahr einer HRT ist das Auftreten einer VTE wahrscheinlicher als später.
Blut s Estrogene erhöhen die Konzentration des thyroxinbindenden Globulins (TBG), die Konzentration des kortikoidbindenden Globulins (CBG), des geschlechtshormonbindenden Globulins (SHBG) u. anderer Plasmaproteine (Alpha1-Antitrypsin, Coeruloplasmin, Angiotensinogen/Reninsubstrat) können ebenfalls erhöht sein. Die freien od. biologisch aktiven Hormonkonzentrationen bleiben unverändert.
Urogenitaltrakt t Vaginalblutungen Hinweis: Treten später im Verlauf der Therapie Durchbruch- u. Schmierblutungen auf bzw. halten diese nach Therapieende an, muss u. U. eine Biopsie des Endometriums durchgeführt werden, um eine bösartige Entartung des Endometriums auszuschließen.
u Fluor vaginalis, zervikale Hypersekretion, Leiomyomenwachstum des Uterus
Orale Darreichungsformen zusätzlich:
Haut v Pruritus, Hautreaktionen mit Urtikaria, Juckreiz, Ausschlag
Muskel und Skelett w Wadenkrämpfe
Nervensystem und Psyche x Depressive Verstimmungen, Stimmungsschwankungen
Leber, Galle y Erkrankungen der Gallenblase
z Lebertumore (sehr selten)
Elektrolyte, Stoffwechsel, Endokrinium 1. Natrium- u. Wasserretention, Gewichtsabnahme
2. PMS-ähnliche Symptome
Gefäße 3. Verschlimmerung od. Entzündung von Krampfadern
4. Nasenbluten
Urogenitaltrakt 5. Vaginale Candidiasis, Dysmenorrhö
Transdermale Darreichungsformen zusätzlich:
Haut 6. Lokale Reaktionen, Exanthem an der Applikationsstelle (häufig)
7. Akne (gelegentlich)
8. Urtikaria, allergische Reaktionen (selten)
Muskel und Skelett 9. Gelenkschmerzen, Muskelkrämpfe (gelegentlich)
Nervensystem und Psyche 10. Nervosität, Benommenheit (häufig)
11. Depression, Schlafstörungen, Parästhesie (gelegentlich)
Augen 12. Trockene Augen (gelegentlich)
Leber, Galle 13. Cholelithiasis, cholestatischer Ikterus

Wechselwirkungen

a CYP450-Enzym-Induktoren wie Antikonvulsiva (z. B. Phenobarbital, Phenytoin, Topiramat, Carbamazepin), Antiinfektiva (z. B. Rifampicin, Rifabutin, Nevirapin, Efavirenz) (a) Estrogenmetabolismus verstärkt, Wirkungsverminderung, Veränderung des uterinen Blutungsmusters mögl.
b Ritonavir, Nelfinavir (b) (wie a)
c Johanniskraut (c) (wie a)
d CYP450-Enzym-Inhibitoren (z. B. Ketoconazol) (d) Estrogen-Plasmaspiegel erhöht
e Imipramin (e) Wirkungen u. Nebenwirk. von Imipramin verstärkt
f Ciclosporin (f) Erhöhte Ciclosporin-, Kreatinin- u. Transaminasen-Blutspiegel
g Insulin, orale Antidiabetika (g) Beeinflussung der Glucosetoleranz (evtl. Dosisanpassung erforderlich)
Orale Darreichungsformen zusätzlich:
h CYP450-Enzym-Induktoren wie Antikonvulsiva (z. B. Oxcarbazepin, Felbamat, Primidon), Griseofulvin, Meprobamat u. Phenylbutazon-Verbindungen (h) Estrogenmetabolismus verstärkt, Wirkungsverminderung, Veränderung des uterinen Blutungsmusters mögl.
i Antibiotika (z. B. Ampicillin, Tetracycline), Aktivkohle (i) Vermehrt Zwischenblutungen aufgrund erniedrigter Wirkstoffspiegel

Intoxikationen

Symptome: Übelkeit, Erbrechen, Spannungsgefühl in den Brüsten u. vaginale Blutungen
Therapie
  • Orale Darreichungsformen: Eine evtl. notwendige Behandlung sollte sich an den Symptomen orientieren.
  • Transdermale Darreichungsformen: Bei Anzeichen einer Überdosierung sollte das Pflaster entfernt werden bzw. keine weitere Anwendung des Gels erfolgen.