Glucocorticoide (systemische Anwendung) (G 10)

s. auch H 50 Hydrocortison

(s. auch Musterfachinformationen des BfArM, 14. 7. 2003 – Prednisolon, Prednison, 28. 1. 2004 – Dexamethason, 11. 2. 2004 – Triamcinolon) (s. auch Fachinformationen Methylprednisolon bis Juli 2006)

Gegenanzeige

Für die kurzfristige Anwendung bei vitaler Indikation gibt es keine Kontraindikationen.

Anwendungsbeschränkungen

a Diabetiker (evtl. erhöhter Bedarf an Insulin od. oralen Antidiabetika)
b Schwere Herzinsuffizienz (Gefahr einer Verschlechterung)
c Kinder (Längenwachstum bei Langzeittherapie regelmäßig kontrollieren)
d Immunsupprimierte Kinder u. Personen ohne bisherige Varizellen- od. Maserninfektion (Viruserkrankungen können besonders schwer verlaufen); bei Kontakt zu erkrankten Personen ggf. vorbeugende Behandlung einleiten
e Hypothyreose, Leberzirrhose (ggf. Dosisreduktion erforderlich)
f Besondere körperliche Stresssituationen (Unfall, Operation, Geburt u. a.) (evtl. vorübergehende Dosiserhöhung erforderlich)
Ggf. zusätzliche gezielte antiinfektiöse Therapie:
g Akute Virusinfektionen (Herpes zoster, Herpes simplex, Varizellen, Keratitis herpetica)
h HBsAg-positive chronisch-aktive Hepatitis
i Ca. 8 Wochen vor bis 2 Wochen nach Schutzimpfungen mit Lebendimpfstoffen
j Systemische Mykosen u. Parasitosen (z. B. Nematoden)
k Poliomyelitis
l Lymphadenitis nach BCG-Impfung
m Akute u. chronische bakterielle Infektionen
n Tuberkulose in der Anamnese (Cave: Reaktivierung!). Anwendung nur unter Tuberkulostatika-Schutz
Ggf. zusätzliche spezifische Therapie:
o Magen-Darm-Ulzera
p Schwere Osteoporose
q Schwer einstellbare Hypertonie
r Schwer einstellbarer Diabetes mellitus, schwerer Diabetes mellitus
s Psychiatrische Erkrankungen (auch anamnestisch)
t Eng- u. Weitwinkelglaukom
u Hornhautulzerationen u. -verletzungen
Wegen Gefahr einer Darmperforation nur bei zwingender Indikation u. unter entsprechender Überwachung:
v Schwere Colitis ulcerosa mit drohender Perforation
w Divertikulitis
x Enteroanastomosen (unmittelbar postoperativ)

Schwangerschaft

a Strenge Indikationsstellung. Bei einer Langzeitbehandlung mit Glucocorticoiden sind Wachstumsstörungen des Fetus nicht auszuschließen. Substanz führte im Tierexperiment zu Gaumenspalten. Ein erhöhtes Risiko für orale Spaltbildungen bei menschlichen Feten durch die Gabe von Glucocorticoiden während des 1. Trimenons wird diskutiert. Werden Glucocorticoide am Ende der Schwangerschaft gegeben, besteht für den Fetus die Gefahr einer Atrophie der Nebennierenrinde, die eine ausschleichende Substitutionsbehandlung des Neugeborenen erforderlich machen kann.
b Triamcinolon:Die Anwendung in den ersten 5 Monaten der Schwangerschaft sollte unterbleiben, da Tierversuche Hinweise auf teratogene Wirkungen ergeben haben. Triamcinolon scheint ein höheres teratogenes Potential als andere Glucocorticoide zu besitzen. Dies könnte z. T. darauf zurückgeführt werden, dass Triamcinolon in der Plazenta in geringerem Umfang als andere Glucocorticoide deaktiviert wird. Ein erhöhtes Risiko für orale Spaltbildungen bei menschlichen Feten durch Gabe von Glucocorticoiden während des 1. Trimenons wird diskutiert. Bei Langzeitanwendung sind intrauterine Wachstumsstörungen nicht auszuschließen. Bei einer Behandlung zum Ende der Schwangerschaft besteht für den Fetus die Gefahr einer Atrophie der Nebennierenrinde, die eine ausschleichende Substitutionsbehandlung beim Neugeborenen erforderlich machen kann.

Stillzeit

a Dexamethason, Prednison, Prednisolon, Methylprednisolon, Betamethason u. a.: Strenge Indikationsstellung. Glucocorticoide gehen in geringen Mengen in die Muttermilch über. Eine Schädigung des Säuglings ist bisher nicht bekannt geworden. Bei Anwendung in höheren Dosen abstillen.
b Cortison, Triamcinolon u. a.: Strenge Indikationsstellung. Glucocorticoide gehen in die Muttermilch über. Bei Anwendung in höheren Dosen od. Langzeitbehandlung abstillen.

Nebenwirkungen

Bei einer langandauernden Therapie sind regelmäßige ärztliche Kontrollen (einschl. augenärztlicher Kontrollen in dreimonatigen Abständen) angezeigt. Bei Beendigung od. ggf. Abbruch der Langzeitgabe ist an folgende Risiken zu denken: Exazerbation bzw. Rezidiv der Grundkrankheit, akute NNR-Insuffizienz (insbes. in Stresssituationen, z. B. während Infektionen, nach Unfällen, bei verstärkter körperlicher Belastung), Cortison-Entzugssyndrom. Glucocorticoidsubstitution: Geringes Nebenwirkungsrisiko bei Beachtung der empfohlenen Dosierungen.
Haut a Striae rubrae, Atrophie, Teleangiektasien, erhöhte Kapillarfragilität, Petechien, Ekchymosen, Hypertrichose, Steroidakne, verzögerte Wundheilung, rosazeaartige (periorale) Dermatitis, Änderungen der Hautpigmentierung, Überempfindlichkeitsreaktionen, z. B. Arzneimittelexanthem
Muskel und Skelett b Muskelatrophie u. -schwäche
c Osteoporose (dosisabhängig, auch bei kurzzeitiger Anwendung möglich) Hinweis: Osteoporose-Prophylaxe empfohlen, insbes. bei gleichz. bestehenden Risikofaktoren wie familiärer Veranlagung, höherem Lebensalter, nach der Menopause, ungenügender Eiweiß- u. Calciumzufuhr, starkem Rauchen, übermäßigem Alkoholgenuss sowie Mangel an körperlicher Aktivität.
d Aseptische Knochennekrosen (Femur- u. Humeruskopf)
e Sehnenruptur
f Hinweis: Muskel- u. Gelenkschmerzen bei zu rascher Dosisreduktion nach lang andauernder Behandlung
Nervensystem und Psyche g Depressionen, Gereiztheit, Euphorie, Antriebs- u. Appetitsteigerung, Psychosen, Schlafstörungen
h Pseudotumor cerebri (insbes. bei Kindern), Manifestation einer latenten Epilepsie, Erhöhung der Anfallsbereitschaft bei manifester Epilepsie
Augen i Katarakt, insbes. mit hinterer subcapsulärer Trübung, Glaukom
j Verschlechterung der Symptome bei Hornhautulkus
k Begünstigung viraler, fungaler u. bakterieller Entzündungen am Auge
Gastrointestinaltrakt l Magen-Darm-Ulzera, gastrointestinale Blutungen
m Pankreatitis
Elektrolyte, Stoffwechsel, Endokrinium n Adrenale Suppression u. Induktion eines Cushing-Syndroms (typische Symptome Vollmondgesicht, Stammfettsucht, Plethora)
o Verminderte Glucosetoleranz, Diabetes mellitus, Gewichtszunahme, Hypercholesterinämie, Hypertriglyceridämie
p Wachstumshemmung bei Kindern
q Störungen der Sexualhormonsekretion (unregelmäßige Menstruation bis zur Amenorrhö, Impotenz)
r Natriumretention mit Ödembildung, vermehrte Kaliumausscheidung (Cave: Rhythmusstörungen) Hinweis: Bei hohen Dosen auf eine ausreichende Kaliumzufuhr u. Natriumrestriktion achten u. Serum-Kaliumspiegel überwachen.
Kreislauf s Blutdruckerhöhung, Hypertonie
Gefäße t Erhöhung des Arteriosklerose- u. Thromboserisikos
u Vaskulitis (auch als Entzugssyndrom nach Langzeittherapie)
Blut v Mäßige Leukozytose, Lymphopenie, Eosinopenie, Polyglobulie
Immunsystem w Schwächung der Immunabwehr, Maskierung von Infektionen, Exazerbation latenter Infektionen
x Allergische Reaktionen
y Erhöhtes Risiko für opportunistische Infektionen (bei langandauernder Anwendung auch geringer Dosen)

Wechselwirkungen

a Östrogene (z. B. Ovulationshemmer) (a) Corticoidwirkung verstärkt
b Inhibitoren von CYP3A4 wie Ketoconazol u. Itraconazol (b) (wie a)
c Induktoren von CYP3A4 wie Rifampicin, Phenytoin, Carbamazepin, Barbiturate, Primidon (c) Corticoidwirkung vermindert
d Antacida (Magnesium- od. Aluminiumhydroxid) (d) Reduktion der Bioverfügbarkeit des Glucocorticoids bei Pat. mit chronischen Lebererkrankungen
e Ephedrin (e) Metabolismus von Glucocorticoiden beschleunigt, Wirksamkeit dadurch vermindert
f ACE-Hemmstoffe (f) Erhöhtes Risiko von Blutbildveränderungen
g Herzglykoside (g) Glykosidwirkung durch Kaliummangel verstärkt
h Cumarinderivate (h) Antikoagulanzienwirkung abgeschwächt
i Saluretika, Laxanzien (i) Kaliumausscheidung verstärkt
j Antidiabetika (j) Blutzuckersenkung vermindert
k Nichtsteroidale Antiphlogistika/Antirheumatika, Salicylate, Indometacin (k) Gefahr von Magen-Darm-Blutungen erhöht
l Nicht depolarisierende Muskelrelaxanzien (l) Länger anhaltende Muskelrelaxation
m Atropin, andere Anticholinergika (m) Zusätzliche Augeninnendrucksteigerungen
n Praziquantel (n) Abfall der Praziquantel-Konzentration im Blut
o Chloroquin, Hydroxychloroquin, Mefloquin (o) Erhöhtes Risiko für das Auftreten von Myopathien, Kardiomyopathien
p Somatropin (p) Wirkung von Somatropin vermindert
q Protirelin (q) TSH-Anstieg reduziert
r Ciclosporin (r) Blutspiegel von Ciclosporin erhöht, erhöhte Gefahr zerebraler Krampfanfälle
s Hinweis: Glucocorticoide können die Hautreaktionen auf Allergietests unterdrücken.

Intoxikationen

Akute Intoxikationen sind nicht bekannt. Bei chronischer Überdosierung ist mit verstärkten Nebenwirk., insbes. auf Endokrinium, Stoffwechsel u. Elektrolythaushalt, zu rechnen.